Der Sexualzyklus der Kätzin

Die Geschlechtsreife tritt bei unseren einheimischen Hauskatzen im Alter von 6 - 8 Monaten ein. Bei Rassekatzen wie. z. B. Siamesen, Abessinier und Burmesen kann die erste Rolligkeit bereits mit 4 Monaten auftreten, während Perserkatzen und British Shorthair erst so um den 12. Lebensmonat rum das erste Mal rollig werden. Die Geschlechtsreife korreliert ausserdem mit dem Körpergewicht und tritt ein, sobald die Kätzin das Gewicht von ca. 2,5 kg erreicht hat.

Unter natürlichen Bedingungen sind Katzen saisonal polyöstrisch, das heisst nur in gewissen Jahreszeiten treten mehrere Brutzyklen in regelmässigen Abständen auf. Die sexuelle Aktivität ist insbesondere von der Dauer der Lichteinwirkung abhängig. Sie wird, sobald die Lichteinwirkung mehr als 12 Stunden pro Tag beträgt, in der freien Natur in Gang gesetzt und aufrechterhalten. Während dieser Zeit kann eine Kätzin, die keinen Kontakt zu einem Kater hat, alle 2 - 3 Wochen rollig werden. Mit den in unseren Breitengraden im Herbst kürzer werdenden Tagen tritt die Katze in den Anöstrus, die Phase der sexuellen Ruhe. Diese erstreckt sich im natürlichen Zustand von September bis Dezember. Stehen die Katzen aber unter Einfluss von künstlichem Licht, wie z. B. im Haus gehaltene Katzen, kann die sexuelle Aktivität über die Wintermonate bestehen bleiben.

Die Rolligkeit, bestehend aus einer Vorbrunst und einer Brunstphase, wird durch das Ansteigen des weiblichen Sexualhormons Östrogen im Blut eingeleitet. Beim Eintreten in die Brunst sind bei Katzen, im Gegensatz zu Hündinnen, keine offensichtlichen Veränderungen an den äusseren Geschlechtsteilen erkennbar. Einzig die typischen Veränderungen im Verhalten deuten auf eine Rolligkeit hin. Zu Beginn, meistens während 1 - 2 Tagen, werden die Kätzinnen anhänglicher, reiben den Kopf, miauen vermehrt und die Aggressivität gegenüber Katern nimmt allmählich ab. Typisch für die darauf folgenden 6 Tage der Rolligkeit sind Unruhe, dauerndes Sichkrümmen und -reiben, Wälzen, verstärktes Sozialverhalten. Lautäusserungen und Einnehmen der Deckposition. In der typischen Brunststellung hockt die Kätzin auf ihren Vorderbeinen, streckt die Hinterbeine und scharrt, während sie gleichzeitig ihren Rücken durchbiegt. Dabei biegt sie den Schwanz zur Seite und präsentiert sich so anderen Katzen oder auch Menschen.

Die Dauer und Intensität der Rolligkeit können je nach Rasse sehr unterschiedlich sein. So zeigen z. B. orientalische Katzen eher ausgeprägte, kürzere und zahlreiche, Perser und British Shorthair eher länger anhaltende und weniger Brunstzyklen.

Damit die Ovulation (Eisprung) ausgelöst werden kann, ist meistens der Deckakt notwendig. Man spricht von Phänomen der induzierten Ovulation. Beim Deckakt werden Rezeptoren (Sinneszellen, die auf mechanischen Reiz reagieren) in der Scheidenwand mechanisch stimuliert. Durch diesen Reiz wird in der Hirnanhangdrüse ein Hormon, das Luteinisierungshormon (LH) freigesetzt, das die Reifung der Eizellen bewirkt. Auch Östrogen, das weibliche Geschlechtshormon, scheint für die LH Freisetzung eine wichtige Rolle zu spielen. So ist eine vermehrte Östrogenausschüttung, während mehrerer Tage, für die Auslösung der Ovulation unerlässlich. Der optimale Deckzeitpunkt ist daher ab dem 3. Tag der Rolligkeit. Weiterhin ist zu beachten, dass für Ovulation eine bestimmte LH Konzentration im Blut vorhanden sein muss, welche durch einen einmaligen Deckakt meistens nicht erreicht wird. Nur durch mehrere Kopulationen innerhalb kurzer Zeit kommt es zu einem bedeutenden LH-Anstieg, der zum Eisprung führt. So kommt es in der Regel zu 3 - 5 Deckakten innerhalb einer 1/2  - 2 Stunden, wenn man eine rollige Kätzin zum Kater bringt.
Hat der Kater die Kätzin bestiegen, beisst er sich im Nacken der Kätzin fest und führt seinen Penis ein. Dabei schreit die Kätzin kurz auf und nach wenigen Sekunden ist der Deckakt vollzogen. Danach lässt der Kater von ihr ab und bringt sich  vor ihrer “Wutreaktion “ in Sicherheit. Diese ist gekennzeichnet durch Schlagen nach dem Kater, gefolgt von heftigen Rollen und lecken der Scheide.

Ist durch das mehrmalige Besteigen die Mindestgrenze des LH - Spiegels erreicht, kommt es nach 24 - 36 Stunden zum Eisprung. Da in diesem Zeitraum die Kätzin für andere Kater noch empfänglich bleibt, besteht die Möglichkeit, dass die Nachkommen eines Wurfes von verschiedenen Vatertieren stammen.                                                                                                                                              Nach dem Eisprung entwickeln sich auf dem Eierstock Gelbkörper, welche das Progesteron das sogenannte Trächtigkeitshormon, freisetzen. Die Gelbkörper sind bei einer erfolgreichen Befruchtung bis zur Geburt hormonell aktiv. Meist kommt die Kätzin erst 2-3 Wochen nach dem Absetzen der Welpen wieder in einen neuen Zyklus. In seltenen Fällen kann es auch vorkommen, dass die nächste Rolligkeit bereits während der Laktationszeit eintritt. Da die 1. Brunst nach der Geburt bereits sehr früh einsetzen kann, ist diese in der Regel kürzer und weniger fruchtbar. Einerseits benötigt die Rückbildung der Gebärmutter genügend Zeit, andererseits muss die Kätzin ihre Kondition erst wieder aufbauen.

Ohne erfolgreiche oder ungenügende Kopulation kommt es nicht zum Eisprung und in der Folge bauen sich die Follikel ab. Kommt es jedoch zu einem Eisprung, ohne dass eine Befruchtung des Eies stattfindet, so laufen im Körper der Katze die gleichen Vorgänge ab wie bei einer trächtigen Katze. Man spricht daher von einer Scheinträchtigkeit. Die Scheinträchtigkeit führt im Gegensatz zur Hündin , weder zur Laktation noch zum Nestbauverhalten, kann sich aber in einer Gewichtszunahme oder Verhaltensänderungen äussern. Die Dauer kann sehr unterschiedlich sein, beträgt aber ca. 6 Wochen, wodurch sich der Abstand zwischen 2 Rolligkeiten verlängert. Sollte eine Katze häufiger unter “Scheinträchtigkeit”  stehen kann es schnell zu einer Gebährmuttervereiterung kommen, womit sie dann auch, bei nicht rechtzeitigem Eingriff mit dem Leben der Katze spielen. Fazit: Die Katze muss Zwangskastriert werden.
    
Dieser Artikel ist erschienen im “ Katzen Magazin “ 5 / 1999   / Autor: Dr. med. vet. Patrick Hensel